TOBLACHER GESPRÄCHE 1998:
SCHÖNHEIT
Zukunftsfähig leben
Allgemeine Problematik
Es ist Zeit über Schönheit zu sprechen, und zwar über Schönheit und Ökologie.
Alle bisherigen Toblacher Gespräche waren auf der Suche nach einem neuen Zivilisationsmodell, ausgehend von der Erkenntnis, daß die gegenwärtige Entwicklung nicht zukunftsfähig ist. Dabei standen ethisch-normative Aspekte im Vordergrund, während die ästhetische Dimension einer tragfähigen Entwicklung eher nur angedeutet wurde, obschon bereits mit dem im Jahre 1992 formulierten Motto "langsamer, weniger, besser, schöner" auf Schönheit als wichtigen Bestandteil von Lebensqualität und ökologischem Wohlstand hingewiesen wurde.
Die diesjährigen Toblacher Gespräche wollen Schönheit als zentrale Dimension einer ökologischen Zukunftsentwicklung thematisieren. Die zu überprüfende Grundthese der Tagung lautet: "Nachhaltig ist schön, Schönheit ist nachhaltig".
Das ästhetische Bedürfnis gehört zu den Grundbedürfnissen der Menschen. Die Zerstörung der überlieferten Schönheiten von Natur und Kultur ist eine der Sünden unserer Zivilisation und die Mißachtung des ästhetischen Bedürfnisses in einer zunehmend verschmutzten und häßlich verbauten Welt erschwert die Orientierung auf dem Wege zu einer zukunftsfähigen Entwicklung. Zu fragen wäre, welche Rolle dabei die Mechanisierung des Lebens und die damit verbundene Entsinnlichung der Wahrnehmung, das Funktionieren des homo oeconomicus und die Faszination für die Technik gespielt haben.
Zielsetzung
Die Toblacher Gespräche 1998 wollen kein Seminar über Ästhetik mit tiefgehenden theoretischen Analysen halten, sondern eine längst fällige und umweltpolitisch relevante Frage aufgreifen, und zwar Schönheit als unverzichtbaren und bisher zu wenig beachteten Aspekt einer zukunftsfähigen Entwicklung postulieren und als wichtiges Element der Akzeptanz hervorheben.
Das Thema Schönheit soll von verschiedenen Seiten beleuchtet werden: Es soll in der Nachhaltigkeitsdebatte aufgespürt, aber auch in Zusammenhang mit dem heute um sich greifenden Körperkult kritisch betrachtet werden. Wir wollen Schönheit nicht abstrakt diskutieren, sondern anhand konkreter Projekte und Entwürfe in den Bereichen Landwirtschaft, Handwerk, Produktdesign, Architektur, Landschafts- und Stadtentwicklung soll gezeigt werden, wie sich Schönheit und Nachhaltigkeit verbinden lassen. Es sind Beispiele, die Lust auf eine ökologische Zukunft wecken und einen Weg aufzeigen. Eine zukunftsfähige Entwicklung kann und soll faszinieren, wir wollen nicht nur besser, sondern auch schöner leben: Schönheit als ganzheitlicher Entwurf einer ökologischen Lebenskunst, Schönheit als Baustoff einer Zukunft mit Zukunft.
Das Programm:
Konzeption: Hans Glauber ; Diskussionsleitung: Jost Krippendorf, Wolfgang Sachs
Donnerstag, 10.9.98
9.30 Uhr Einschreibung, Verteilung der Tagungsunterlagen
10.00 Uhr Schön nachhaltig, nachhaltig schön - Wolfgang Sachs
11.00 Uhr Schön und gut. Die Kraft von Lust und Moral beim ökologischen Umbau - Elisabeth Redler
15.00 Uhr Ein "Rinascimento" der Schönheit in Italien: die Landschaft - Giorgio Pizziolo
16.30 Uhr Schönheit auf dem Wege ins postindustrielle Zeitalter: das Beispiel IBA Emscher Park - Karl Ganser
Freitag, 11.9.98
9.30 Uhr Ein "Rinascimento" der Schönheit in Italien: die Städte - Pier Luigi Cervellati
10.30 Uhr Bauen mit der Sonne: eine neue Ästhetik der Solararchitektur - Dieter Schempp
11.30 Uhr Schönheit und nachhaltige Produkte: die Warenwelt der Zukunft - Günter Horntrich
15.00 Uhr Das Recht auf Schönheit: für eine nachhaltige Ästhetik des Handwerks - Christine Ax
16.30 Uhr Von der Landwirtschaft zur ökologischen Agrarkultur: das schöne Beispiel der Herrmansdorfer Landwerkstätten - Karl Ludwig Schweisfurth
Samstag, 12.9.98
Einige Beiträge werden audio-visuell unterstützt. Nach jedem Vortrag ist eine Diskussion vorgesehen.
Liste der ReferentInnen:
Christine Ax, Wissenschaftlerin und Publizistin, Leiterin der "Zukunftswerkstatt" der Handwerkskammer Hamburg, Hamburg
Pier Luigi Cervellati, Raumplaner, Professor für Raumplanung an der Universität Venedig, ehem. Leiter der Altstadtsanierung von Bologna, Bologna
Karl Ganser, Geschäftsführer des Projektes IBA Emscher Park, Gelsenkirchen
Hans Glauber, Vorsitzender des Ökoinstitutes Südtirol/Alto Adige, Initiator der Toblacher Gespräche, Frankfurt/M und Bozen
Günter Horntrich, Professor für Ökologie und Design an der Fachhochschule Köln, Leiter des Designstudios "Yellow Design", Köln
Jost Krippendorf, Büro Krippendorf für soziale und ökologische Fragen, Bern
Giorgio Pizziolo, Raumplaner, Professor für Raumplanung und Landschaftsarchitektur an der Universität Florenz, Florenz
Elisabeth Redler, Sozialwissenschaftlerin, Geschäftsführerin der gemeinnützigen Forschungsgesellschaft anstiftung, München
Wolfgang Sachs, Arbeitsgruppe "Neue Wohlstandsmodelle" am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie, Wuppertal und Rom
Dieter Schempp, Architekt, Professor für Bauen und Umwelt an der Universität Krems (A), Mitgründer und Leiter der Gruppe "LOG ID" - Grüne Solararchitektur, Tübingen
Karl Ludwig Schweisfurth, Metzgermeister, Gründer der Herrmannsdorfer Landwerkstätten und der Schweisfurth-Stiftung, München
Silvia Zamboni, Stadrätin für Umwelt und nachhaltige Entwicklung, Gemeinde Bologna, Bologna
Joseph Zoderer, Romanautor und Lyriker, Terenten, Südtirol